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�berfl�ssige Sch�den

Wie der Verband Auto Schweiz veröffentlichte, waren im Jahr 2017 47,5% aller in der Schweiz verkauften Neuwagen mit Allradantrieb ausgerüstet. Bei den Premiummarken sind es sogar über 70%, die mit 4×4 unterwegs sind. Allradantrieb ist in gefühlten 99,9% aller Fälle ziemlich überflüssig und reiner Luxus. Abgesehen vom äusserst seltenen Fahren auf vereisten Bergpfaden im schweizerischen Hinterland ist Allrad nicht notwendig. Warum dann dieses Kaufverhalten, dem auch ich schon erlegen bin? Wer die Werbung analysiert, stellt fest, dass SUV darin gerne auf verschneiten Strassen abseits jeder Zivilisation dargestellt werden: Wo die Strasse aufhört, bist du in deinem SUV-Land. Bei einem kleineren SUV wie dem Opel Mokka macht der Allradantrieb etwa 90 Kilogramm Gewichtszunahme aus, was zwei zusätzlichen Jugendlichen entspricht, die mitfahren. Bei grösseren SUV entspricht die Gewichtszunahme einer prallen Campingausrüstung, die das Auto bis unters Dach füllt. Wenn wir der Einfachheit halber mal 100 Kilogramm rechnen, die ein 4×4 zusätzlich mit sich herumschleppt, und dafür einen Mehrverbrauch von 0,3 Litern pro 100 km veranschlagen, ergibt sich bei einer Fahrleistung von 15 000 km pro Jahr ein Zusatzverbrauch von 45 Litern/Jahr. Laut Bundesamt für Statistik wurden 2017 in der Schweiz total 315 032 Personenwagen neu eingelöst. Insgesamt sind bei uns 4,57 Mio. Personenwagen unterwegs. 47,5% der Neuwagen, also rund 150 000 Fahrzeuge, fahren mit Allrad. Wenn diese im Schnitt 45 Liter Treibstoff mehr pro Jahr ­benötigen, berechnen wir einen völlig unnötigen Verbrauch von 6,75 Mio. Liter (gleich etwa 225 Tanklastzüge à 30 000 Liter). CO2 und Stickoxide lassen wir einfach unbedacht in die Luft, zum Schaden von Natur und Menschen. Gleiche Überlegungen gelten übrigens generell für Fahrzeuggewichte oder auch für die 200–750 kg schweren Batterien, die hybrid grösstenteils mit herkömmlichem Treibstoff bewegt werden.

Wo wir uns im kompetitiven Wettbewerb auch umsehen – überall zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Google, Amazon, Zalando, Uber & Co. zählen nicht zu den Unternehmen, die besonders menschen- oder umweltfreundlich handeln. Die geltenden Gesetze hinken weit hinter den Übeltätern her, die sich unter dem Deckmantel von hehren Absichten und miesen Geschäfts­bedingungen unserer persönlichen Identität bemächtigen. Sehr bequem, aber eben auch sehr schädlich.

Foodwaste, Littering, Pestizide, Wasserprobleme, Ernährungs- oder Gesundheitsfragen: Es gäbe genügend Probleme, anstelle der Gewinn­maximierung die Schadensminimierung als Grundlage für den Wert­zuwachs zu bemessen. Die Mehrwertsteuer ist ein veraltetes Konstrukt.

Die liberale Marktwirtschaft entwickelt zunehmend irreversible Schadenszonen, welche durch nachfolgende Generationen oder die Natur «ausgelöffelt» werden müssen. Eigenverantwortung oder Selbstregulierung sind schöne Feigenblattschlagworte, die im globalen Wettbewerb nichts fruchten. Waren, Dienstleistungen und Werte sollten auch nach ihrem Schadenspotenzial oder ihrem Risiko für die Gesellschaft überhaupt zugelassen, bewertet und auch besteuert werden. – Das ist keine links-grüne Idee, die Versicherungen und die Banken machen das längst.